Wir trauern um unseren langjährigen Kameraden Andreas Balke, dessen Trauerfeier am Freitag, den 14.11.14 stattgefunden hat: Traueranzeige_Andreas_Balke
Folgender Nachruf wurde auf der Trauerfeier verlesen:
Ein Kamerad aus der VVN-BdA Münster schreibt:
Eine Trauerrede für Andreas? Er war ja gerade eben noch da und ich erwarte ihn immer noch irgendwo in der Stadt zu treffen oder ob das Licht in seiner Wohnung brennt und er am Fenster sitzt, aber dann erinnere ich mich, er lebt nicht mehr.
Sein selbst gewähltes Lebensende war ein sehr plötzliches. Die ihn enger begleitenden Menschen hatten wohl eine Furcht in dieser Richtung, aber auch dann trifft es uns trotzdem unerwartet. Andreas hatte viele Bekannte und Freunde. Er war durch seine kulturelle und politische Arbeit vielen bekannt. Allein 40 Jahre lang war er für die DKP aktiv. Mein erster Kontakt mit ihm fand nicht im politischen Bereich statt.
Ich habe Andreas während einer gemeinsamen 3-jährigen Ausbildung kennengelernt. Dies war auch meine intensivste Zeit mit ihm. In unserem stark altersgemischtem Ausbildungsgang war er nicht der älteste, aber immer auch einer der heitersten und interessantesten Menschen. Was mir hier immer sofort einfällt ist eine von ihm selbst erzählte Anekdote, die seine gesamte non-konforme Lebensart gut illustriert:
Während seiner Ausbildung zum Buchhändler ermahnt ihn der Buchladenbesitzer doch bitte pünktlicher zu kommen mit den altbekannten Worten: „5 Minuten vor der Zeit, ist des deutschen Mannes Pünktlichkeit“. Am Abend schob Andreas natürlich schon 5 Minuten vor Ladenschluss um 18 Uhr die Buchaufsteller in den Laden hinein. Prompt spricht ihn der Besitzer des Ladens an, was das denn jetzt solle. Darauf schallt ihm ein erheitertes: „5 Minuten vor der Zeit ist des deutschen Mannes Pünktlichkeit.“ entgegen.
Wenn er das erzählte, war das natürlich mit einer starken schauspielerischen Leistung verknüpft. Was ja dann später auch seine wirkliche Profession wurde.
In der Ausbildung war es ihm auch immer ein Anliegen, dieses pädagogische Wohlfühl- und Harmoniebedürfnis zu kritisieren. Bei einem Buchprojekt, in dem jede*r aus der Klasse einen Teil zum Buch beitrug, brachte er mit seinem Beitrag, die sich nur langsam entwickelnde „dröge“ Fantasy-Geschichte durcheinander. Sein merkwürdiger, aber genialer Beitrag mit „pfurzenden Pferden“ brachte die Geschichte ordentlich durcheinander und erzeugte viel Gegenkritik.
In der Schulklasse machte er zur selben Zeit viel Werbung für die Zeitzeugengespräche, die damals unter anderem von Christoph Leclaire organisiert wurden. Das waren hier vor Ort damals die einzigen Aktivitäten der VVN-BdA. Eine Kreisvereinigung war nicht mehr existent und entstand erst wieder durch die Arbeit von Andreas und Christoph. Andreas war bereits vorher in der alten Kreisvereinigung aktiv u.a. als Kassierer und Vorstand.
Die bei den Zeitzeug*innengesprächen dargestellten Lebenswege der alten Antifaschist*innen und die Gespräche mit ihnen haben mich sehr beeindruckt. Andreas ist derjenige, der mich zur VVN-BdA gebracht hat. Dafür bin ich Andreas sehr dankbar. Auch wenn wir in den Folgejahren nicht mehr eng zusammen waren und auch politisch manchmal anders dachten, war er immer noch ein wichtiger Bezugspunkt für mich.
Im Freundeskreis Paul Wulf haben wir seit dem Jahr 2000 durchgehend gemeinsam an der Archivierung der Plakate und des weiteren Nachlasses von Paul gearbeitet.
Wir haben eine Radiosendung gemeinsam für den Bürgerfunk gestaltet um das Buch über Paul Wulf zu bewerben. Bei vielen Aktionen der VVN-BdA war Andreas immer wieder dabei. In den letzten Jahren war er z.B. aktiv in der Bürgerbewegung gegen die Umbenennung des Schlossplatzes und bei den Aktionen in 2013 und 2014 der Initiative „Holt die Bücher aus dem Feuer“. Bei letzterer ist sein Bleistiftwurf in seinem Vortrag vielen als genial in Erinnerung. Eine Verbindung seiner Leidenschaft für die Literatur und das Schauspiel waren einfach typisch für Andreas.
Seine große Leidenschaft für Bücher äußerte sich auch darin, dass er immer wieder Bücher weiter verschenkte oder sie auslieh. Man kann sagen: Er hielt wichtige Bücher im Umlauf. In den letzten 2 Jahren hat das sogar noch mehr zugenommen.
Seine Lebensfreude und Vitalität waren für viele im Vordergrund seiner gesamten Erscheinung. Es war aber gelegentlich merkbar, dass er mit sich etwas abmachen und verarbeiten musste. Seine Fröhlichkeit war nur eine Seite von ihm.
Seine non-konforme Lebensweise hat ihm auch Schwierigkeiten im Lebenslauf bereitet. Ausgerechnet das, was ihn auch sehr liebenswert machte. Für mich war das aber das Schönste und Wertvollste an ihm. Dann kam der Dankesanruf für eine gelungene Veranstaltung auch schon mal um 2 Uhr nachts, als ich gerade von der Nachbesprechung dieser Veranstaltung nach Hause kam. Das ist aber ehrlich und direkt aus dem Moment der empfundenen Freude.
Ich möchte sagen: Lieber Andreas, vielen Dank für die schönen Lebenserfahrungen, die mit dir möglich waren.