Erfolgreiche Konferenz in Münster „… dass Auschwitz nicht noch einmal sei“
19. Dezember 2014
Wie präsent bleibt das Gedenken heute und morgen?
Eine Konferenz „Neuverhandlungen des Holocaust“ mit anschließendem Konzert von Esther Bejarano und der Microphone Mafia wurde von der VVN-BdA Münster am 9. November 2014 mit organisiert. Die Konferenz wurde von drei wichtigen Triebfedern des städtischen Lebens in Münster gemeinsam gestaltet: Universität, Zivilgesellschaft und Kultur trafen sich unter dem Titel „Dass Auschwitz nicht noch einmal sei…“ zu einem produktiven Austausch über die Frage, wie präsent das Gedenken an den Faschismus und seine barbarischen Ausformungen, für die Auschwitz synonym steht, in unserer Gesellschaft (noch) ist und bleiben kann.
Der große Veranstaltungsraum im Münsteraner Bürgerzentrum „Bennohaus“ war die ganze Zeit über gut besucht und bei Lesung, sowie Konzert überfüllt. Bei der Konferenz wurden auch die kontroversen Teile in der Erinnerungspolitik nicht ausgespart. Das konnte beim Untertitel: „Neue Generationen – Neue Medien – Altes Thema?!“ sowie beim altbekannten „… dass Auschwitz nicht noch einmal sei“ nicht anders sein.
Die Konferenz fing an mit dem Referat von Kirstin Frieden, deren Buch „Neuverhandlungen des Holocaust“ der Konferenz auch ihren Haupttitel gab. Hier ging es vor allem darum, wie heutige Schüler*innen einen Zugang zu der Erinnerung nach Auschwitz finden. Frau Frieden konnte hier in der Diskussion zu ihrem Vortrag auch Beispiele aus ihrem eigenen Schulunterricht bringen. Viele Inhalte waren ihrem Buch entnommen, das aus ihrer Doktorarbeit entstand. Hieraus referierte sie zu einigen Beispielen des heutigen Zugangs für Jugendliche zum Thema Holocaust. Der Facebook-Account für einen jüdischen NS-Verfolgten ist hier zu nennen. Dann auch ein sehr kontrovers diskutiertes YouTube-Video, das ehemalige NS-Verfolgte mit ihren Kindern und Enkeln in Auschwitz gedreht haben. Sogar im Krematorium von Auschwitz. Darin wird zu Gloria Gainers „I will survive“ eine Tanzchoreografie aufgeführt. Noch ein Beispiel ist ein vorgeblicher Werbefilm für eine bekannte deutsche Automarke bei dem der junge Adolf Hitler überfahren wird. Dass dieser gefakte Werbefilm vor Jahren nicht kontrovers diskutiert wurde, ist schon überraschend zu nennen.
Weiter ging es dann mit Jakob Smigla-Zywocki einem Historiker und freiem wissenschaftlichem Mitarbeiter des Münsteraner Gedenkortes „Villa ten Hompel“. Er stellte die Arbeitsweise heutiger Gedenkstätten vor und wie Schüler*innen heute an das Thema der Erinnerung an die NS-Zeit herangeführt werden.
In der Diskussion hierbei kam der Vorwurf auf, dass hier zu wenig politische Ausrichtung vorhanden ist und zu neutral erzählt wird. Nur: Sollte in einer Demokratie nicht auch ein Lernen so erfolgen, dass aus der rein neutralen Erzählung der Geschichte keine Moral vorgegeben wird, sondern die Schüler*innen selber die moralischen Schlussfolgerungen ziehen können?
Bei dem weiteren Vortragenden Ingo Zimmermann handelt es sich um einen Pädagogik-Professor der Katholischen Hochschule Münster. Er referierte zu seinen Theorien aus seinem Buch „…dass Auschwitz nicht noch einmal sei“ basierend auf einer Vorlesung, die am Ort in Auschwitz stattfand.
Hier zieht er viele Verknüpfungen zur Jetzt-Zeit heran. Er geht in seiner Theorie davon aus, dass grundlegende Mechanismen, die Auschwitz ermöglicht haben, bis heute fort wirken und kulminiert dies in der Feststellung der „Lagerhaftigkeit“ auch unserer heutigen Welt. Dies aber auch immer in meist klarer Abgrenzung einer beliebigen Heranziehung von Auschwitz als Vergleich für heutige Zustände.
Zum Abschluss der Konferenz las Esther Bejarano aus ihrem Buch „Erinnerungen. Vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen Rechts“. Direkt im Anschluss daran erfolgte ihr Konzert mit der Microphone Mafia. Hier wurden traditionelle jiddische, Arbeiter- oder Widerstandslieder mit Rap-Einlagen für die Neuzeit umgesetzt. Dies war ein sehr bewegender Teil des Tages im Bennohaus, der bei allen Besucher*innen tiefen Eindruck hinterließ.
Den Endpunkt setzte das Trio „Quijote“ aus Chemnitz. Antifaschistische Lieder mit frischen Texten und Übersetzungen der Lieder von Mikis Theodorakis ließen den Tag wunderbar ausklingen.
Detlef Lorber