Bericht aus der Sperrzone
4. März 2012
Mit vielfältigem Protest hat Münster den sog. „Nationalen Sozialisten Münster“ und Konsorten im Stadtviertel Rumphorst die rote Karte gezeigt. An der DGB-Demo waren über 4.000 Menschen mit lautstarkem Protest beteiligt. Hoher Heckenweg Ecke Kösliner Straße waren ca. 1.000 Gegendemonstranten, die die Zwischenkundgebung der Neonazis übertönen konnten. Zwei weitere Gegenkundgebungen wurden auf jeweils über 600 bzw. 300 Gegendemonstranten geschätzt. Bestimmt über 1.000 Nazi-Gegner waren zwischen den Kundgebungen unterwegs. Auch in der Sperrzone, wo die Nazis laufen durften, konnten kleine Proteste aufflammen. Dort waren in Kleingruppen und auf Einladung der Anwohner auch ca. 500 Nazi-GegnerInnen unterwegs. Kleine Sitzblockaden konnten die Neonazis leider nicht aufhalten.Da ich in der Sperrzone unterwegs war einige Eindrücke des vielfältigen dortigen Protest.
Nasen
DGB-Kundgebung, Hoher Heckeweg / Piusallee
Nasinnen
Auf den ersten Blick sah das Viertel verwaist aus. Nur Polizei- und Notarztwagen. Bei genauerem Blick findet man aber regelmäßig Plakate gegen den Nazi-Aufmarsch. Kinder malen noch ihre Transpis. Alles ist friedlich. Vereinzelt machen die Anwohner mit ihren Gästen vor ihren Häusern Party oder grillen. Immer ist aus den Lautsprechern antifaschistische Musik zu hören. Kommt man näher an den Startpunkt der Neonazis am Bahnhof Zentrum Nord, werden die Ansammlungen von Gegenprotesten vor den Häusern öfter. Es wird gegrillt, gesungen und getanzt. Alles ist bunt. Das Viertel steht zusammen in ihrem Protest. Über die Straße „Im Hagenfeld“ sind alle paar Meter Transparente über die Straße gespannt. Bunter Protest: „NAZIaufmÄRSCHE STOPPEN“, „VERSCHIEDEN SEIN IST GANZ NORMAL“ oder Wegweiser für die Nazis: „WWW.EXIT.DE“. Vielfältig und bunt sind die Transpis.
Später kommen die Nazis am Bf. Zentrum Nord an. Gespenstisch. Alle in Schwarz. Außer der Neonazi Worch. Er hat Jeans und braune Jacke an. Er wird später auch eine Rede halten. Zuvor ist der Neonazi-Versammlungsleiter Sascha Krolzig mit dem Taxi angereist. Er musste sich dann das Taxigeld von seinen Kameraden schnorren.
Es formiert sich eine kleine Sitzblockade. Ca. 20 Leute haben sich auf der Straße „Im Hagenfeld“ zusammen gefunden. Sie werden von Polizisten eingekesselt. Aber trotzdem herrscht eine fröhliche Stimmung. Viele der AnwohnerInnen unterstützen die Blockierer. Später werden die Neonazis um die kleine Blockade herum geführt.
Aber zurück zum aktuellen Zeitpunkt: Es ist schon ein Uhr. Die Neonazis schwingen ihre Reden auf der Auftaktkundgebung. Journalisten und Polizei drum herum. Außer den Neonazis selbst hört Ihnen keiner zu.
Der Neonazi-Zug formiert sich. Mit Flaggen fangen sie an durch das Stadtviertel zu ziehen. Sie skandieren ihre unsäglichen Parolen. Manchmal rufen sie ZITAT „Nationalsozialismus – Jetzt“ ZITAT. Eindeutig volksverhetzend. Der Zug wird aber nicht gestoppt und aufgelöst. An der Sitzblockade und dem lautstarken Protest der AnwohnerInnen (trotz der Schikanen der Polizei) zieht der düstere Tross durch die Straße vorbei an der großen Kundgebung des DGB. Sie biegen dabei ein in den Hohen Heckenweg. Der Protest von der DGB-Kundgebung ist nicht – wie vom Polizeipräsidenten versprochen – in Hörweite. Das wird sich aber ändern. Auf dem Hohen Heckenweg ertönt aus einem Fenster eine Sirene und Geballer aus der Dose.
Die Zwischenkundgebung der Ewiggestrigen ist auf dem Hohen Heckenweg Ecke Kösliner Straße. Von beiden Seiten schallt der Protest herüber zu den Neonazis. Auf der Kösliner Straße sind über 1.000 GegendemonstrantInnen lautstark. Die Zwischenkundgebung der Neonazis ist kaum zu hören. Von Worch höre ich nur etwas von Skipisten in MeckPomm. Verwirrt oder wie? Ich kann den Rest nicht hören und verstehen.
Weiter geht es durch das Viertel. Begleitet vom Protest der AnwohnerInnen und GegendemonstrantInnen. An jeder Seitenstraße hat sich der Protest formiert.
Die Neonazis werden es als Ihren Erfolg feiern. Seit über 14 Jahren das erste Mal die genehmigte Route geschafft. 2006, bei den beiden letzten Nazi-Aufmärschen in der Bremer Straße (Februar) und in Hiltrup (Mai) schafften sie wegen Blockaden einmal nur 200m und einmal nur eine ganz kleine Runde (statt 5 km durch Hiltrup). Aber der bunte Protest mit über 7.000 GegendemonstrantInnen war bunter, lauter und überzeugender.
PS: Später geht durch den Ticker, dass eine oder ein Gegendemonstrant/in schwer verletzt wurde. Beim friedlichen Protest soll er/sie durch einen Polizeieinsatz ein Schädel-Hirntrauma (Verdacht darauf) erlitten haben.
Dieser Bericht soll nicht die Erfahrungen der friedlich demonstrierenden Menschen außerhalb der Sperrzone relativieren, die von Polizisten angegriffen wurden. und die Verhaftung der parlamentarischen Beobachterin Ingrid Remmers von Die Linke. Ich denke, das sind völlig verschiedene Erfahrungen. Ich verweise da auf die entsprechenden Bericht, die vielleicht noch zu schreiben sind. Ich hätte mir auch mehr erwünscht. Trotz des mutigen Protestes, den die AnwohnerInnen geleistet haben. Ich hätte mir es anders vorstellen können. Hätten tausend AnwohnerInnen und Gäste um ca. 10 Uhr einfach einen Spaziergang zum Bf. Zentrum Nord gemacht. Die Neonazis hätten keinen Fuß auf den Boden bekommen. Hätte der Münsteraner Polizeipräsident Hubert Wimber irgendwas verstanden, hätte er anders gehandelt…
Weitere Links und Fotos findet Ihr hier: ==> http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/0919_muenster.htm